Zahlreiche gemeinsame Projekte wurden im Laufe der Jahre in der Europastadt erfolgreich entwickelt und umgesetzt. Einige davon sind mittlerweile fest in das alltägliche Leben integriert und nicht mehr wegzudenken. Der deutsch-polnische Kindergarten, binationale, bilinguale Schulprojekte, verbindende Sport- und Kulturereignisse sowie unzählige Kontakte im privaten Bereich kennzeichnen das tägliche Miteinander.
Doch auch ganz offizielle Prozesse laufen deutsch-polnisch: Die Stadtoberhäupter von Görlitz und Zgorzelec treffen sich zum Beispiel regelmäßig und besprechen aktuelle Themen. Bei den monatlich stattfindenden Treffen der Koordinierungskommission, bestehend aus Görlitzer und Zgorzeler Verwaltungsmitarbeitern, wird über gemeinsame Pläne und die Zusammenarbeit in der Europastadt Görlitz/Zgorzelec beraten und diskutiert.
Die Buslinie A der Görlitzer Verkehrsbetriebe (GVB) fährt ab dato vom bisherigen Endpunkt an der Hochschule weiter nach Zgorzelec. Mit dem neuen Busangebot wurde gleichzeitig ein neues grenzübergreifendes Tarifangebot eingeführt, das sogenannte EuropastadtTicket. Es ermöglicht neben der Fahrt mit der Buslinie A über die Grenze auch die Nutzung der Buslinien 3, 4, und 5 des Zgorzelecer Stadtverkehrs sowie aller Nahverkehrsmittel (Straßenbahnen, Stadt- und Regionalbusse sowie Eisenbahnen) innerhalb des Stadtverkehrstarifgebietes Görlitz und den Trilex-Zügen zwischen den Bahnhöfen Görlitz und Zgorzelec. Die grenzüberschreitende Vernetzung des öffentlichen Personennahverkehrs steht im Einklang mit der Erfüllung der Klimaschutzziele und stärkt so die Entwicklung der Europastadt als Ausbildungs-, Wirtschafts-, Tourismus- und Wohnstandort nachhaltig.
Der Unternehmerverband Görlitz und der Arbeitgeberverband Zgorzelec besiegeln in der geschichtsträchtigen „Direktorenvilla“ der Landskron Brauerei-Manufaktur in Görlitz den seit zwei Jahren bestehenden regelmäßigen Austausch untereinander durch Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung, in der die Zusammenarbeit zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Görlitz – Zgor-zelec manifestiert wird. Es ist nicht irgendeine weitere Absichtserklärung zwischen Deutschen und Polen. Es ist die erste gefestigte Grundlage zweier freier Unternehmerverbände in der Region überhaupt in der Erkenntnis, dass es hoch an der Zeit ist, sich gemeinsam für die wirtschaftliche Entwicklung der Europastadt Görlitz-Zgorzelec und dessen Einzugsgebiet stark zu machen. Aus zweimal 180 Grad wird ein umfassender Wirkungskreis von 360 Grad, im Herzen Europas. Als „Business Circle“ werden die Verbände gemeinsam wirtschaftspolitische Entscheidungen begleiten und Verantwortungsträger sowie Organisationen mit Sachverstand unterstützen.
Erstmals seit drei Jahren - nach coronabedingter Pause - fand am 31. Mai 2022 eine gemeinsame deutsch-polnische Stadtratssitzung der Europastadt Görlitz/Zgorzelec statt. Traditionell treffen sich die Räte der Schwesternstädte dazu auf der Stadtbrücke.
In ihren Ansprachen gingen die Stadtoberhäupter Oberbürgermeister Octavian Ursu und Bürgermeister Rafal Gronicz sowohl auf die gemeinsamen Traditionen und langfristigen Projekte der 1998 proklamierten Europastadt, als auch auf die aktuellen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine ein. Den Menschen in der Ukraine gedachten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Stadtratssitzung mit einer Schweigeminute.
Octavian Ursu und Rafal Gronicz unterstrichen die Bedeutung des 1991 geschlossenen Partnerschaftsvertrages und setzen sich dafür ein, auf vielen weiteren Ebenen weiterhin Brücken für ein friedliches und freiheitliches Europa zu bauen.
Oberbürgermeister Octavian Ursu, Bürgermeister Rafał Gronicz sowie Ola Grochowski vom Meetingpoint Memory Messiaen kamen am Samstag, dem 8. Mai 2021, auf der Altstadtbrücke zusammen. Gemeinsam als Europastadt Görlitz/Zgorzelec wurde ein Zeichen für die Bedeutung des deutsch-polnischen Zusammenlebens gesetzt und an das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa gedacht. In seiner Ansprache auf der Altstadtbrücke betonte Oberbürgermeister Octavian Ursu: „In den vergangenen Jahren haben beide Städte, Görlitz und Zgorzelec, viel dafür getan, Brücken zu bauen. Was könnte mehr verdeutlichen, welcher Wandel sich in den vergangenen 76 Jahren vollzogen hat, als dass wir heute stellvertretend für unsere Städte gemeinsam auf dem Wahrzeichen unserer Europastadt – der Altstadtbrücke – stehen. Wir sind längst Partner, ja Freunde, auch weil wir unsere Verantwortung für die Geschichte ernst genommen haben“. Als Zeichen der Freundschaft und des Friedens ließen die Stadtoberhäupter Friedenstauben fliegen.
Am 29. März 2021 unterzeichneten Ministerpräsident Michael Kretschmer und der Marschall der Woiwodschaft Niederschlesien, Cezary Przybylski, auf der Görlitzer Altstadtbrücke ein gemeinsames Unterstützerschreiben beider Regionen für das Vorhaben „Klimaneutrale Fernwärmeversorgung für die gesamte Europastadt Görlitz/Zgorzelec“ an die Europäische Kommission. Nach der Unterzeichnung wurden die Unterstützerschreiben an den Bürgermeister von Zgorzelec, Rafał Gronicz und an Oberbürgermeister Octavian Ursu übergeben. „Wir sind in der Europastadt Görlitz/Zgorzelec gewohnt, die Grenzen zu überschreiten und gehen mit diesem Vorhaben als Partner einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaneutralität 2030“, sagt OB Octavian Ursu.
Bürgermeister Gronicz unterstreicht: „Dank dieses gemeinsamen Projekts werden Bürgerinnen und Bürger unserer beiden Städte von klimaneutraler Fernwärme profitieren, die in Zgorzelec erzeugt werden soll und über die gemeinsame Infrastruktur nach Görlitz geliefert wird.
In der Nacht von Freitag, dem 12. Juni auf Samstag, dem 13. Juni 2020, 00:00 Uhr öffnete Polen wieder seine Grenzen zu Deutschland und anderen EU-Ländern.
Viele Görlitzer und Zgorzelecer sowie zahlreiche Medienvertreter waren auf der Altstadtbrücke dabei, als Oberbürgermeister Octavian Ursu und Bürgermeister Rafał Gronicz gemeinsam symbolisch die Kette des Grenzzaunes mit Bolzenschneidern durchtrennten. Knapp drei Monate waren aufgrund der Corona Pandemie die Grenzen geschlossen. Vor allem die Menschen in der Europastadt Görlitz/Zgorzelec haben den Moment der Grenzöffnung herbeigesehnt und ihn zusammen mit den Stadtoberhäuptern auf der Altstadtbrücke gefeiert.
Eine Vielzahl von Vereinen der Europastadt Görlitz/Zgorzelec organisieren Projekte, die das beispiellose Zusammenleben über Grenzen hinweg zeigen und somit das Miteinander in der Europastadt reflektieren. Der Verein Meetingpoint Memory Messiaen veranstaltet u. a. jedes Jahr die Internationalen Messiaen-Tage Görlitz-Zgorzelec und die WORCATION, eine multilaterale Jugendbegegnung mit Workcamp-Charakter, auf dem Gelände des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers STALAG VIII A. Bei der Abschlussveranstaltung der WORCATION werden gemeinsam am Denkmal Kränze niedergelegt (Foto) und der vielen Opfer, die während des Zweiten Weltkrieges in diesem Kriegsgefangenenlager ihr Leben verloren, gemeinsam gedacht.
Am 5. Mai 1998 wurde die Stadt Görlitz als Europastadt Görlitz/Zgorzelec proklamiert. 20 Jahre danach gab es auf und an der Altstadtbrücke, sowohl auf polnischer als auch auf deutscher Seite ein Bürger- und Familienfest. Dank den Vereinen, Initiativen, Engagierten und Gästen sowie dem Interreg-Förderprogramm Sachsen-Polen wurde es ein besonderer Höhepunkt in der Geschichte der Europastadt.
Entlang der Neiße war an beiden Ufern Sport, Spiel, Spaß und Musik angesagt. Während auf deutscher Seite handgemachte Musik mit Banda Comunale - Banda Internationale“ oder Appl‘ Juice gespielt wurde, haben in Zgorzelec abwechselnd DJ’s aufgelegt. In Görlitz präsentierten sich 15 Vereine und Initiativen, die sich dem Zusammenwachsen der Zwillingsstädte verschrieben haben. Auf polnischer Seite lockten 26 Food-Trucks mit kulinarischen Köstlichkeiten. Auf der Altstadtbrücke wurden 40 geschichtsträchtige Fotos aus den vergangenen 20 Jahren der Zusammenarbeit großformatig ausgestellt. Bis in die Abendstunden hinein wurde gefeiert, getanzt, gelacht und sich bei bestem Wetter prächtig unterhalten.
Im Jahr 2013 beschließen die Stadträte von Görlitz und Zgorzelec das Brückenpark-Projekt. Mit einer Europäischen Förderung im Kooperationsprogram INTERREG Polen – Sachsen 2014 – 2020 wird zurzeit ein grenzübergreifender Park verwirklicht, der beide Seiten der Neiße aufwertet. Projektstart war Anfang 2017.
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Viele Görlitzer und Zgorzelecer sowie Gäste, darunter Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Kirche, Wirtschaft und aus dem südlichsten Zipfel, der Gemeinde Oberstdorf, feierten am 1. Mai 2014 das Jubiläum „10 Jahre Beitritt Polens in die Europäische Union“. Die Eröffnung des Festes fand auf der Altstadtbrücke statt. Oberbürgermeister Siegfried Deinege und Bürgermeister Rafał Gronicz unterzeichneten gemeinsam das Übereinkommen zum deutsch-polnischen Projekt „Brückenpark“.
Das Görlitzer Augustum-Annen-Gymnasium erhielt im Herbst 2010 die Auszeichnung „Europaschule Sachsens“ als eine der ersten Schulen im Freistaat. Europaschulen bereiten ihre Schüler in besonderer Weise auf ein zukünftiges Berufs- und Studienleben in Europa vor. Sie fördern europaorientierte, sprachliche und interkulturelle Kompetenzen durch Wissensvermittlung, Begegnung und Dialog mit Menschen anderer Länder und Kulturen. Bereits seit 2005 lernen am Görlitzer Augustum-Annen-Gymnasium polnische und deutsche Schüler/-innen erfolgreich gemeinsam im binationalen-bilingualen Bildungsgang. Das Abitur berechtigt zum Studium in Deutschland und in Polen. Der binationale-bilinguale Bildungsgang, internationale Projekte, Kooperationen mit Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur sowie das Ganztagesangebot füllen den Titel „Europaschule in Sachsen“ mit Leben.
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Das gemeinsame Zusammenwachsen der beiden Städte wird politisch vorangetrieben. Aber es sind die Menschen, Vereine und Institutionen, die es mit ihrem Engagement und Willen mit Leben erfüllen und damit echt machen.
Jedes Jahr während der Europawoche im Mai treffen sich Stadträte der Europastadt Görlitz/Zgorzelec zu einer gemeinsamen Stadtratssitzung. Seit 2005 erfolgt während dieser Sitzung die Verleihung des Ehrentitels "Für Verdienste um die Europastadt Görlitz/Zgorzelec". Die erste Auszeichnung ging an den Oberbürgermeister der Stadt Görlitz, Prof. Dr. Rolf Karbaum und den Bürgermeister der Stadt Zgorzelec, Mirosław Fiedorowicz.
Der Ehrentitel wird an Personen, Organisationen, Institutionen, Selbsthilfegruppen oder Vereine mit Wirkungskreis in der Europastadt Görlitz/Zgorzelec verliehen, die sich in besonderem Maße um die Europastadt, deren Entwicklung, Popularisierung und Wissensvermittlung über deren Geschichte verdient gemacht haben.
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Am 1. Mai 2004 feierten tausende Europastädter die Aufnahme Polens in die Europäische Union. Gemeinsam erlebten sie den historischen Moment der EU-Erweiterung um Mitternacht auf der Stadtbrücke und trafen sich dort einige Stunden später zum gemeinsamen Europafrühstück.
Bürgerinnen und Bürger verfolgten seit Mai 2003 interessiert den Bauablauf. Im August 2004 zum Altstadtfest gab es eine „Vorpremiere“ der Inbetriebnahme der Altstadtbrücke. Viele tausende Menschen überquerten die Brücke und zeigten ihr Interesse an der Verbundenheit der Bewohner/-innen dies- und jenseits der Neiße. Die feierliche Einweihung der Altstadtbrücke fand am 20. Oktober 2004 statt.
Im März 2001 beschloss die Stadt Görlitz, sich als Kulturhauptstadt Europas 2010 zu bewerben und das Zusammenwachsen Europas im Mikrokosmos Europastadt Görlitz/Zgorzelec in den Mittelpunkt der Bewerbung zu stellen. Zgorzelec bekräftigte wenige Wochen später mit einem eigenen Beschluss diese Absicht. Die Kulturhauptstadt-Bewerbung demonstrierte modellhaft europäisches Zusammenwachsen an der Nahtstelle zwischen Ost und West. Ein Vertrag über die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Städten Görlitz und Zgorzelec wurde am 29. April 2004 unterzeichnet. Die Bewerbung scheiterte zwar im Finale, brachte aber eine neue Dimension der Zusammenarbeit und des Verständnisses füreinander.
Dieser Beschluss war ein bedeutender Grundstein für das Zusammenwachsen der deutsch-polnischen Zwillingsstadt: „Wir, die Stadträte der EUROPASTADT Görlitz/Zgorzelec, ersuchen die Regierungen der Republik Polen und der Bundesrepublik Deutschland um eine Intensivierung und Beschleunigung der Verhandlungen beim Bauverfahren des polnisch-deutschen Symbols – der Altstadtbrücke, der Brücke die direkt die historischen Stadtzenten beider Städte verbindet.“ Eine weitere Absichtserklärung folgte im Jahr 2000, in der eine Reihe weiterer gemeinsamer Projekte und Maßnahmen fixiert wurden.
Die Proklamation der Europastadt Görlitz/Zgorzelec am 5. Mai 1998 im großen Sitzungssaal des Görlitzer Rathauses war der absolute Höhepunkt der Europawoche im Jahr 1998.
„Die Zwillingsstädte Görlitz und Zgorzelec an der Außengrenze der Europäischen Union, aber im Zentrum von Europa, haben eine besondere Aufgabe bei der Gestaltung eines vereinigten Europas. Mit ihrer gelebten Partnerschaft wollen beide Städte ein Zeichen für die zunehmende Bedeutung eines vereinigten Europas der Regionen setzen. Europa ist die Zukunft unserer Städte. Hieraus leiten beide Städte für sich das gemeinsame Ziel ab, sich im Rahmen einer immer engeren Zusammenarbeit zu einer EUROPASTADT zu entwickeln. Die Grundsätze werden durch das beschlossene Strukturkonzept geregelt.“, so heißt es in der Proklamation vom 5. Mai 1998. In einem Strukturkonzept wurden Projekte und Ziele für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit festgeschrieben.